Im Kreise seiner Mitspieler und Trainer fühlt sich Oskar (am Boden knieend) sichtlich wohl.
Wahrscheinlich passierte es schon im Mutterleib, dass Oskar Weßling eine Gehirnblutung erlitt. Das fiel nach der Geburt zunächst gar nicht auf, erst in der Schule tat sich Oskar schwer beim Lernen. Heute geht der inzwischen 13-Jährige in die Bischof-Ketteler-Förderschule für geistige Entwicklung und spielt mit großer Begeisterung Fußball beim SV Krechting. Er ist in der im September von Peter Rensing neu ins Leben gerufenen Handicap-Mannschaft am Ball, spielt aber auch seit Jahren in einer ganz normalen Mannschaft, in diesem Fall der D2. „Oskar ist total aufmerksam und wichtig für die Stimmung. Er ist im Prinzip mit seinem jüngeren Bruder Theo jeden Tag auf dem Fußballplatz“, sagt Fabian van der Linde, neben Simon Wedding und Jannes Nienhaus einer von drei Trainern der D2.
Paragraf 4a macht Altersklassen-Herabstufung möglich
Oskar fällt von seiner Körperstatur und seinem Auftreten innerhalb der Mannschaft nicht auf. Und doch ist er ein beziehungsweise zwei Jahr älter als seine Mannschaftskameraden und auch Gegenspieler. Dennoch darf er in den Meisterschaftsspielen ganz normal mitwirken. Möglich macht es der Paragraf 4a in der Jugendspielordnung des Westdeutschen Fußballverbandes. „Der WDFV ermöglicht es seit ein paar Jahren, dass Kinder mit Behinderung ihren Fähigkeiten entsprechend in eine andere Altersklasse herabgestuft werden können. Das ist eine sehr gute Regelung“, sagt Andreas Gehling, Jugendleiter des SV Krechting.
„Er wird angespielt wie jeder andere“
Zuvor spielte Oskar in einer altersgerechten Mannschaft, was aber nicht so funktionierte. Seitdem er in der D2 mitwirkt, klappt das hingegen sehr gut. Er bekommt hier genügend Spielanteile und seine Behinderung spielt eigentlich auch keine Rolle. „Für uns ist das überhaupt kein Problem. Er wird angespielt wie jeder andere auch. Wir sind seit jeher gute Freunde“, sagt Mitspieler Paul Messing. Und Leon Korb, der Oskar seit rund zehn Jahren kennt, ergänzt: „Oskar passt sich sehr der Mannschaft an.“
Dass Oskar sich beim SV Krechting so wohlfühlt, ist für seine Eltern Silke und Rudolf sehr wichtig. „Für Oskar ist Fußball sein ganzes Leben“, sagt Rudolf Weßling. Stundenlang spielt er im eigenen Garten Fußball. „Wir müssen den Rebounder immer wieder verschieben, weil der Rasen abgenutzt ist“, sagt Vater Rudolf.
Freunde gefunden
Beim SV Krechting sieht er seinen Sohn voll integriert und sehr gut aufgehoben. Dieser wird deshalb auch nicht gänzlich in die Handicap-Mannschaft des Vereins wechseln. „Für Oskar ist es wichtig, dass er hier Freunde gefunden hat“, sagt Mutter Silke. In der Schule ist das nämlich nicht ganz so leicht, weil die Schüler nicht wie bei anderen Schulen um die Ecke wohnen, sondern oft weiter weg. Da ist es nicht so einfach, sich nachmittags zu verabreden. „Oskar hat einen Freund aus Wesel, da fahren wir manchmal hin“, sagt Silke Weßling.
Die Torhüter haben es Oskar angetan
In der D2 ist Oskar übrigens als linker Außenbahnspieler im Einsatz. Dabei gehört sein Herz eigentlich den Torhütern. „Mein Lieblingsspieler ist Manuel Neuer“, sagt Oskar. Folgerichtig ist er dann auch Fan des FC Bayern München, obwohl Mutter Silke die Daumen für Werder Bremen und Vater Rudolf für Borussia Dortmund drückt. Und auch in der eigenen ersten Mannschaft hat es Oskar ein Torhüter besonders angetan – Leon Rottbeck. Dessen Paraden beobachtet er besonders, wenn er die Spiele verfolgt. „Wir haben sogar dieselben Torwarthandschuhe“, sagt Oskar. Für Jugendleiter Gehling ist der 13-Jährige ein gelungenes Beispiel, wie im Verein Integration funktioniert. Er macht auch anderen Menschen mit Behinderung beziehungsweise Eltern Mut sich zu melden. „Hier ist jeder willkommen“, sagt er.